Kommunen Die Gemeinde Blaufelden stellt die Weichen für zwei Wohnungsbauprojekte und liegt damit voll auf der
Linie des Zukunftskonzeptes 2030. Stadtplaner Reschl stellt ein reizvolles Vorhaben vor. Von Harald Zigan
Das Kommunalparlament von Blaufelden setzte jetzt zwei Wohnungsbauprojekte aufs Gleis. Zielgruppen sind sowohl die jüngere als auch die ältere Generation: In der Ostlandstraße soll auf dem Areal des früheren Kindergartens ein Versorgungszentrum mit altersgerechten Wohnungen, Tagespflegeplätzen und einer Arztpraxis entstehen – und für das Baugebiet Burgstall ist das Projekt „Junges Wohnen“ geplant. Schon vor fünf Jahren machten sich Rathaus, Gemeinderat und Bürger der Kommune unter der Regie des Büros Reschl aus Stuttgart intensive Gedanken darüber, wohin die Reise von Blaufelden gehen soll. Den Weg beschrieb letztlich das Zukunftskonzept 2030, das im Jahr 2017 nach intensiven Beratungen verabschiedet wurde. Ein wichtiges Element in diesem Plan ist der demografische Wandel. Die Expertinnen und Experten warnten seinerzeit in ihrer Studie eindringlich davor, die Hände in den Schoß zu legen und nicht auf die einschlägigen Entwicklungen zu reagieren. Die beiden Projekte, die jetzt im Gemeinderat zur Debatte standen, zielen exakt auf den demografischen Wandel: Es werden zunehmend Wohnmöglichkeiten für ältere Menschen gebraucht – und für junge Leute muss es auf dem Wohnungsmarkt auch attraktive Angebote geben, die sie von einem Wegzug abhalten. Einen idealen Standort für ein Versorgungszentrum hat die Firma Care Living Immobilien aus Crailsheim gefunden, die ein ähnliches Bauprojekt in Altenmünster realisiert: Schräg gegenüber dem großen Grundstück, wo bis zu seinem Abriss der kommunale Kindergarten residierte, liegt das Johannes-Brenz-Haus der Evangelischen Heimstiftung. Für Blaufelden sehen die Pläne ein dreigeschossiges, gestaffeltes Flachdachgebäude mit einer Tiefgarage vor. Im Erdgeschoss sind eine Tagespflege mit 15 Plätzen und eine Arztpraxis vorgesehen. Weitere Räumlichkeiten könnten zum Beispiel von einem Physiotherapeuten genutzt werden. In den oberen Stockwerken sind insgesamt 23 Wohnungen unterschiedlicher Größe geplant – mitsamt einer Begegnungsstätte und einer Dachterrasse. Sämtliche Räume sind barrierefrei zugänglich.
„Wir wollen hier ganz bewusst etwas Besonderes mit hoher Lebens- und Wohnqualität schaffen – man muss nicht immer jeden Quadratmeter eines Baugebietes maximal mit Häusern ausmosten“
Prof. Dr. Richard Reschl | Stadtplaner
Junge Leute im Blick
Falls es der Gemeinde Blaufelden bis zur Fertigstellung des Rohbaus nicht gelingt, eine Ärztin oder einen Arzt für dieses Versorgungszentrum zu finden, können die hierfür vorgesehenen Räume ebenfalls als Wohnungen genutzt werden. Einstimmig machte der Gemeinderat den Weg für dieses Projekt mit der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes frei. Für das Baugebiet Burgstall in Blaufelden wiederum stellte Prof. Dr. Richard Reschl vom gleichnamigen Planungsbüro in Stuttgart das ungewöhnliche Projekt „Junges Wohnen“ vor. Auf einer Fläche von rund 3500 Quadratmetern entwickelten die Experten die Idee eines kleinen Quartiers mit 15 Wohnungen in Reihen- und Doppelhausbauweise samt Tiefgarage, die vor allem für junge Leute interessant sein sollen. Was den besonderen Reiz des Projekts ausmacht: Rings um die Domizile liegen großzügige Freiflächen, die zum Beispiel als Grillplatz, Gärten und Ruhezonen genutzt werden können. „Wir wollen hier ganz bewusst etwas Besonderes mit hoher Lebens- und Wohnqualität schaffen – man muss nicht immer jeden Quadratmeter eines Baugebietes maximal mit Häusern ausmosten“, sagte der Stadtplaner.
„Entsteht echte Nachbarschaft“
In einem Zeitungsinterview erläuterte Prof. Dr. Richard Reschl seine Überlegungen: „Wir sollten nicht nur Häuser bauen, wir müssen Quartiere schaffen. Es geht gerade auch in den kleineren Gemeinden immer mehr darum, Aufenthaltsqualität und gute Nachbarschaften zu ermöglichen. Dazu braucht man aber auch differenzierte Wohnungsangebote – beispielsweise für Menschen, die vielleicht noch kein Eigenheim bauen wollen, die vielleicht erst einmal zur Miete wohnen möchten oder in kleineren Eigentumseinheiten.“ Um die Kosten möglichst gering zu halten, setzt das Büro Reschl auf das Instrument der Baugemeinschaft, die als „Zusammenschluss von privaten Haushalten, die durch gemeinsames Planen und Bauen individuellen Wohn- und gemeinsamen Lebensraum schaffen“, definiert ist. Also bauen künftige Nachbarn ihre Domizile als „soziale Einheit mit modernen ökologischen Standards“ selbst, wie Reschl sagte: „Wenn sich die Bauherren schon vorher kennen, entsteht eine echte Nachbarschaft.“ Sein Büro bietet dazu alle notwendigen Hilfestellungen – von der Suche nach regionalen Handwerkern bis hin zu Finanzierung und Fördermöglichkeiten – an. Die Blaufeldener Gemeinderätinnen und Gemeinderäte zeigten sich durchaus angetan von dem Projekt, das derzeit in ähnlicher Form auch in Michelfeld bei Schwäbisch Hall sowie in Böhmenkirch im Landkreis Göppingen geplant ist. Als nächster Schritt soll jetzt erst einmal die Nachfrage in Blaufelden geklärt werden, bevor es in die weitere Planung des Vorhabens geht.